Pädagogisches Konzept


Wichtige Werte auf der Wilden Wiese


Selbst-Bewusstsein und Selbst-Wahrnehmung


„Ich bin mutig, dann bin ich ängstlich.

Ich bin stark, dann fühle ich mich schwach.

Ich darf Nein sagen, denn ich fühle es so.

Mein Körper gehört mir, auch jetzt schon.

Ich darf streiten um eigene Konfliktlösungen zu finden.

Ich darf Dinge falsch machen, denn so lerne ich.

Wenn ich frech bin, sei trotzdem bei mir, denn so weiß ich:

Ich bin gut so wie ich bin.

Ich bin genug.“


Unser Ziel ist es immer, die Kinder dabei zu unterstützen ,zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu werden. Kinder dürfen ihre eigenen Erfahrungen machen. Sie dürfen ihren Körper erforschen und mit ihrem Körper und allen Sinnen ihre Umwelt entdecken. Sie werden sich ihrer selbst bewusst, indem sie Dinge eigenständig tun und eigene Erklärungen für die Vorgänge auf der Welt finden. Sie lernen immer besser aus erster Hand, als durch das, was Erwachsene ihnen erzählen. Ich möchte die Kinder bestärken, Nein zu sagen wenn sie etwas nicht möchten. Sich selbst kennenzulernen und herauszufinden, wie sie sich fühlen (z.B. „Ist mir warm, brauche ich keine Jacke? Friere ich schnell, nehme ich eine dicke Mütze?“). Auch Kindern sind manchmal Dinge unangenehm, z.B die Umarmungen anderer Kinder oder Erwachsener. Kinder dürfen selber entscheiden ob sie das möchten und es ist in Ordnung wenn nicht. Ich möchte den Kindern helfen, sich selbst wahrzunehmen und für sich einzustehen, auf eine freundliche aber bestimmte Art und Weise. Ich möchte ihnen zeigen, dass sie gut so sind, wie sie sind. Jeder Mensch ist anders und einzigartig. Kinder sollten nie denken, dass sie nicht gut genug für uns sind. Dafür ist es wichtig, dass wir sie nicht kritisieren und verunsichern mit Sätzen wie: „Das schaffst du sowieso noch nicht. Dafür bist du zu klein“. Die Kinder aufzubauen und zu ermutigen sich selbst anzunehmen, steht für mich an höchster Stelle. Wenn ein Kind etwas von sich aus gut macht, dann bestärke ich es darin. Schafft ein Kind etwas noch nicht, kann es das zu einem anderen Zeitpunkt einfach nochmal versuchen oder sich Hilfe holen. Wenn alles immer sofort klappen würde, dann könnte sich kein Ehrgeiz entwickeln. Dranbleiben lohnt sich!


Miteinander sprechen – Sprachförderung


Sprachförderung beginnt schon vor der Geburt, wenn das Baby den Stimmen um sich herum lauscht. Ist es dann auf der Welt, sprechen wir viel mit ihm, denn so lernt es die Sprachmelodie, die dazu gehörende Mimik und Gestik und es sammelt bereits Worte in seinem Kopf. Das Sprachverständnis entsteht hier bereits, darum ist es so wichtig, auch dem Baby schon zu erzählen, was man gerade macht (z.B. „Jetzt kommt der rechte Arm durch den Ärmel“). Im Kleinkindalter gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, um die Sprachentwicklung zu fördern. Am Wichtigsten ist das Miteinander reden, die klare Aussprache und korrekte Formulierung von Worten und Sätzen. Fingerspiele, Tischsprüche, Reime und Lieder sind von großer Bedeutung. Besonders wichtig erachte ich auch das Vorlesen und die Bilderbuchbetrachtungen. Durch Bilderbücher kommen wir ins Gespräch mit den Kindern. Wir können besprechen was wir auf dem Bild sehen, die Handlungen im Buch besprechen und uns sogar eigene kleine Geschichten dazu ausdenken. Eine weitere tolle Möglichkeit ist die Arbeit mit sogenannten Geschichtensäckchen. In einem Beutel befinden sich bestimmte Gegenstände und Figuren, die zu einer Geschichte gehören (z.B. die drei kleinen Schweinchen). Die Geschichte wird mit Hilfe dieser Gegenstände auf immer gleiche Weise erzählt und die Kinder können aktiv daran mitwirken, indem sie die Figuren platzieren und benennen und später sogar einen Teil der Geschichte selbst erzählen.

Auch Emotionen versuche ich immer den Kindern zu spiegeln und sie zu benennen, damit die Kinder sie bewusst wahrnehmen und einordnen können („Ich sehe du ärgerst dich gerade über...“). Um die Freude an der Sprache nicht zu nehmen, korrigiere ich die Kinder bei falscher Aussprache nicht aktiv, sondern komme ins Gespräch und wiederhole das Gesagte mit richtiger Aussprache. So fühlen sich die Kinder nicht kritisiert und gehemmt, sondern können die Möglichkeit des Gespräches nutzen, um sich selbst zu korrigieren.


Gewaltfreie Kommunikation - Sozialkompetenz


Kinder können uns sehr herausfordern und an unsere Grenzen bringen. Das können sie aber nur dann, wenn wir uns unseren eigenen Grenzen und inneren Themen nicht bewusst sind. Das kindliche Verhalten kann dann wie ein Trigger auf uns wirken. Dann reagieren wir plötzlich heftiger als wir es eigentlich wollten, z.B. indem wir sehr laut werden. Für mich ist es daher besonders wichtig, mich immer wieder selbst zu reflektieren. Ich muss mich selbst und besonders meine Schwächen gut kennen und diese annehmen. Wir alle haben Schwächen und sind nicht immer gut gelaunt und belastbar. Bevor ich aber laut und unfair werde, nehme ich mich selbst zurück und begebe mich auf die Augenhöhe der Kinder. Auch ein Erwachsener ist nicht perfekt und das dürfen die Kinder wissen. Ich kann den Kindern sagen wie ich mich fühle, dass mich z.B. etwas wütend oder traurig macht. Die Kinder freuen sich über die Offenheit und Ehrlichkeit und sie haben die Möglichkeit, Verständnis zu entwickeln. So lernen Kinder, dass auch sie nicht immer stark sein müssen und wie wichtig es ist, über seine Gefühle zu sprechen. Wer lauter ist als andere, ist eigentlich ganz klein und möchte einfach nur gehört werden. Ich schaue mir ein Verhalten genau an und versuche herauszufinden, welches Bedürfnis dahinter steht. So kann ich das Kind spiegeln und ihm die Möglichkeit geben, herauszufinden was es eigentlich bezwecken möchte. Ich begegne den Kindern mit Empathie und Verständnis und gemeinsam finden wir heraus, wie man auf freundliche Weise an das Ziel kommen kann.


Gewaltfrei kommunizieren ist für die Kinder untereinander gar nicht so leicht. Hauen, kratzen, beißen und kneifen sind häufige Verhaltensweisen im Kleinkindalter. Das liegt vor allem daran, dass die Kinder sich sprachlich noch nicht so gut ausdrücken können und auch noch keine hohe Frustrationstoleranz haben. Sie sind kleine Egoisten, erleben sich also als den Mittelpunkt der Welt. Kommt ein anderes Kind und nimmt etwas weg oder macht etwas kaputt, ist die erste Reaktion meistens körperlich. Kleinkinder wissen noch nicht wohin mit ihrer Wut, oft wissen sie auch gar nicht, um welches Gefühl es sich überhaupt gerade handelt. Sie sind dann mit sich selbst einfach überfordert und finden alleine nicht mehr aus der Situation heraus. Manchmal kann Beißen auch eine Art versuchte Kontaktaufnahme zum anderen Kind sein. Wenn Kinder so reagieren, dann wollen sie nie jemand anderen bewusst verletzen. Sie wissen sich nicht anders zu helfen. Hier sind wir Erwachsenen gefragt! Wir können den Kindern „Werkzeuge“ an die Hand geben, mit denen sie ihre Konflikte anders lösen können. Ich versuche immer den Kindern zu erklären, wie sich der andere gerade fühlt und was das eigene Verhalten bei den anderen Kindern auslöst.

Wenn ein Kind etwas nicht möchte, dann darf es freundlich aber bestimmt sagen „Nein, ich möchte das nicht“. Das andere Kind hat dieses Nein dann zu akzeptieren, denn auch sein „Nein“ soll von den anderen ja ernst genommen werden. Wenn ich beobachte, dass ein Kind sehr körperlich wird, weil es vielleicht eigentlich mitspielen möchte, dann kann ich auch eingreifen und dem Kind zeigen, wie es die anderen Kinder ansprechen kann („Es sieht toll aus was ihr da macht, kann ich bei euch mitspielen?“). Bitte, Danke und Hilfe anbieten sind wichtige kleine Schlüssel für unser soziales Zusammenleben. Teilen, dem anderen den Vortritt lassen und auch das Eigentum anderer respektieren. Auch dies lebe ich ganz bewusst vor. Sich für etwas zu entschuldigen empfinde ich auch als sehr wichtig. Es ist in Ordnung Fehler zu machen, wichtig dabei ist, dass ich mir meine Fehler auch eingestehen kann. Wenn ich einem Kind Unrecht getan habe, dann entschuldige ich mich bei diesem Kind. Grundsätzlich spreche ich sehr viel mit den Kindern und erkläre ihnen kindgerecht, warum ich so handle.

Diese Werte liegen mir am Herzen, sollten jedoch immer ohne Zwang sein. Eine Entschuldigung soll wirklich ernst gemeint sein, denn sonst hat sie für das Gegenüber keinen Wert und das Kind lernt, dass es durch das Wort „Entschuldigung“ einen Freifahrschein für schlechtes Benehmen hat. Es gilt hier also: Ich muss authentisch sein und die Art der Kommunikation, die ich mir für uns alle wünsche ganz deutlich vorleben. Nur so können auch die Kinder gewaltfreies Sozialverhalten erlernen.


Positiver Umgang mit kindlicher Wut


Wut verspüren wir alle, doch Kinder haben noch nicht gelernt wie sie mit ihrer Wut umgehen können. Gerade Kleinkinder ärgern sich sehr schnell darüber, wenn etwas nicht so funktioniert wie sie es möchten. Frust lauert überall. Jeder, der ein Kleinkind hat kennt das: Da wurde das Brot falsch durchgeschnitten, die Sonne scheint obwohl das Kind sich Regen wünscht, die Socke will einfach nicht an den Fuß und der Turm ist schon wieder umgekippt. Kinder reagieren dann oft explosionsartig mit Wutausbrüchen. Sie schreien, kreischen und werfen mit Dingen um sich. Manche hauen ihren Kopf vor Wut gegen die Wand oder auf den Boden und laufen Gefahr sich selbst zu verletzen. Diese spontane Energie loszuwerden ist wichtig, es ist daher kontraproduktiv, einem wütenden Kind zu sagen, dass es sich jetzt beruhigen soll. Auf der anderen Seite sollen aber keine anderen Kinder verletzt werden und im besten Fall bleiben auch die Spielsachen, über die sich das Kind vielleicht ärgert, heil. Ich begebe mich auf die Augenhöhe des Kindes und fange das Kind in seiner Wut auf. Es gibt die Möglichkeit, in ein Kissen zu boxen, auf den Boden zu stampfen oder mit Kissen gegen die Wand zu werfen. Wenn die erste Energie herausgekommen ist, kann ich anfangen dem Kind zu helfen, indem ich es z.B. spiegle („Ich sehe du bist sehr wütend. Worüber hast du dich gerade so geärgert?“). Ich zeige Verständnis für die Wut, denn es ist ja tatsächlich sehr ärgerlich, wenn man eine feste Vorstellung von etwas hat und es dann anders kommt. Wir schauen gemeinsam, wie man die Situation nächstes Mal schon vorher lösen kann. Manchmal hilft es den Kindern zu sagen: „Atme mal tief ein und laut wieder aus.“

Die Kinder erwerben Kompetenzen darin, wie sie mit aufkommender Wut umgehen können. Die Wut eines Kindes wird immer ernst genommen und positiv aufgelöst.


Respekt vor anderen Lebewesen (Unterstützt durch Familienhund)


Auf dieser Erde leben wir alle und jeder hat ein Recht darauf, unversehrt zu bleiben. Die Natur um uns herum ist unendlich faszinierend für die Kinder. Ich möchte den Kindern den Respekt und die Achtung vor der Natur und all ihren Lebewesen vermitteln. Ich möchte nicht, dass Blumen achtlos herausgerissen und dann weggeworfen werden, also erkläre ich den Kindern, dass die Blüten Nahrung für viele Insekten sind. Wir beobachten die Bienen dabei, wie sie emsig Pollen sammeln und die Kinder sehen so mit eigenen Augen, dass die Blumen von anderen gebraucht werden. Auch kleine Käfer oder Ameisen dürfen nicht einfach zertreten werden. Sie erfüllen alle wichtige Aufgaben, die wir uns gemeinsam anschauen können. Kinder möchten immer Gelerntes auch umsetzen. Wir könnten also ein Wildbienenhaus bemalen, aufstellen und Wildblumen säen. Einer Schnecke, die gerade den Gehweg passieren möchte, kann geholfen werden, indem wir sie behutsam umsetzen. So bewahren wir sie davor, von anderen versehentlich platt getreten zu werden.

Wenn wir uns beim Mittagessen immer zu viel auffüllen und es danach wegwerfen, verschwenden wir wertvolle Lebensmittel. Andere Menschen auf der Welt haben nicht alles im Überfluss, so wie wir es haben. Es ist also schöner, sich erst etwas weniger aufzufüllen und bei Bedarf noch einen Nachschlag zu nehmen. Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind Themen, die in der heutigen Zeit pulsieren. Es ist mir ein großes Anliegen, schon den Kleinsten zu zeigen: Wir können etwas verändern! Auch Kleinkinder können verstehen, dass Papier, Verpackungen etc. in den Mülleimer und nicht in die Natur gehören. Gefäße können wieder verwendet werden und vermeintlicher Müll kann tolles Bastelmaterial sein (Up-cycling). Ressourcen zu sparen, wenn sie gerade nicht gebraucht werden, ist ebenso wichtig. In einem nicht genutzten Raum wird das Licht ausgemacht. die Spülung der Toilette wird nur für diesen Zweck genutzt. Natürlich darf mit Wasser geplantscht werden, es muss aber nicht minutenlang einfach nur ins Waschbecken laufen. Es geht hier also darum, den Kindern Achtsamkeit für ihr eigenes Handeln mit auf den Weg zu geben, denn sie sind die Erwachsenen von morgen.

Respekt und Achtung vor anderen Lebewesen können Kinder besonders im Umgang mit Tieren lernen. Hierbei hilft unser kleiner Hund Emil. Emil ist 2018 geboren und ein kastrierter Chihuahuarüde. Als Kleinhund ist er besonders gut geeignet, Kindern die Angst vor Hunden zu nehmen oder sie überhaupt erst an das Thema heran zu führen. Emil ist ein witziger kleiner Kobold, freut sich über Kinder, ist aber auch ein Ruhepol und sehr sensibel und empathisch. Er spürt wenn es jemandem nicht gut geht und kommt dann vorsichtig heran, um zu trösten. Er kann sich in der Wohnung frei bewegen (mit Ausnahme des Badezimmers) und liegt meistens einfach mit im Raum und döst. Auch im Garten ist er gerne mit dabei und flitzt hinter seinem Spielzeug hinterher, wenn ein Kind es wirft. Im Umgang mit Hunden ist es wichtig, dass wir auf deren Körpersprache achten. Ich erkläre den Kindern immer, wie sie Kontakt zu Emil aufnehmen können und woran sie erkennen können, wenn er etwas nicht möchte (er legt z.B. die Ohren an und dreht den Kopf weg). Die Kinder müssen akzeptieren, wenn er etwas gerade nicht mag und ihn dann in Ruhe lassen. Auch kleinere Lebewesen haben einen Anspruch auf Ruhe. Wenn Emil also auf dem Boden liegt, gehen wir außen herum und scheuchen ihn nicht hoch. Wenn ich merke, dass es ihm oder den Kindern zu viel wird oder sich eine zu große Unruhe entwickelt, bringe ich ihn in seinen Rückzugsraum (unser Schlafzimmer). Natürlich werden Kinder und Hunde nie unbeaufsichtigt in einem Raum gelassen. Das Zusammenleben mit einem Hund ist für Kinder eine tolle, wertvolle Erfahrung, wenn die richtigen Umstände gegeben sind.


Kindgerechte Regeln und Grenzen


Regeln und Grenzen sind wichtig, um den Kindern Orientierung zu geben. Die Welt ist noch zu groß und nicht be-greifbar, darum müssen wir sie etwas kleiner machen. Es geht mir darum, den Kindern Freiraum zu geben eigenständig zu handeln in einem von mir vorgegebenen Rahmen. Dieser Rahmen kann immer wieder verändert werden und orientiert sich am Alter und der Entwicklung der Kinder. Freiheit darf Kinder weder unter- noch überfordern. Wichtig ist dabei, dass ich den Kindern für sie verständlich erkläre welche Regeln es gibt und warum es sie gibt. Regeln und Grenzen geben Sicherheit und indem wir diese liebevoll aber konsequent durchsetzen, erleben uns die Kinder als zuverlässig. Grenzen werden von Kindern immer wieder ausgetestet. Gilt heute noch das von gestern? Wie reagiert der Erwachsene, wenn ich die Regeln breche? Wenn ich mich selbst nicht an meine eigenen Regeln halte, wissen die Kinder nicht, woran sie bei mir sind. Jemand, der täglich seine Meinung ändert, kann kein sicherer Anker für mich sein. Wichtig ist also, dass ich meine Regeln vor allem ganz klar selbst befolge.


Regeln auf der Wilden Wiese sind:


  • Wir pflegen einen liebevollen und respektvollen Umgang miteinander

  • Wir respektieren und achten auch die anderen Lebewesen in unserer Umgebung

  • Wir handeln eigenverantwortlich

  • Die Eigentumskisten anderer sind Tabu

  • Wenn jemand Nein sagt, lassen wir ihn in Ruhe

  • Wir nehmen aufeinander Rücksicht

  • Wenn ich mir ein Spielzeug von jemandem nehmen möchte, muss ich vorher fragen

  • Wenn nur noch ein Teil (z.B. ein Würstchen) übrig ist, frage ich erst ob noch jemand anderes es möchte. In diesem Fall wird dann geteilt

  • Wir lassen einander ausreden und hören einander zu

  • Niemand wird ausgelacht, wenn ihm ein Missgeschick passiert

  • Konflikte werden gewaltfrei ausgetragen

  • Wir respektieren die Meinung des anderen, auch wenn sie uns nicht gefällt

  • Wir sprechen über unsere Gefühle und nehmen diese an

  • Wir räumen alles wieder an seinen Platz zurück

  • Müll wird immer ordnungsgemäß entsorgt

  • Wir sprechen nie schlecht übereinander, sondern helfen uns bei Problemen

  • Es muss weder probiert noch aufgegessen werden

  • Lebensmittel dürfen mit allen Sinnen erfahren, nicht aber mit Absicht auf den Boden geworfen oder verschwendet werden

  • Im Garten wird erst gefragt, dann gepflückt und probiert


Partizipation – Mitbestimmen dürfen


Kinder haben ein Recht darauf bei allem was sie selbst betrifft mitzubestimmen. Ich versuche im Tagesablauf möglichst viele Situationen so zu gestalten, dass die Kinder daran mitwirken können. Im Morgenkreis suchen die Kinder die Lieder selber aus und wir besprechen gemeinsam auf welchen Spielplatz wir fahren wollen. Das Essen füllen sie sich selber auf und sie entscheiden, ob sie etwas probieren möchten oder nicht. Wenn sie drei Mützen haben, dürfen sie selber wählen welche sie aufsetzen möchten und beim Toilettengang entscheiden, ob ich draußen warten oder daneben stehen soll. Kinder erfahren so, dass sie nicht den Plänen der Erwachsenen ausgeliefert, sondern Gestalter ihres eigenen Lebens sind. Sie werden ernst genommen. Sollten die Entscheidungen der Kinder sich allerdings nachteilig auf ihre Gesundheit auswirken, greife ich ein (z.B. wenn ein Kind im Winter mit nassen Socken rausgehen möchte oder in der prallen Sonne ohne Kopfbedeckung). Hier achte ich darauf, den Kindern verständlich zu erklären, warum etwas nicht geht.


Schmutz und Dreck – und dann ist's weg?


Wahrnehmung und Bewegung sind wichtige Säulen in der Frühkindlichen Entwicklung. Ich distanziere mich von „Schablonenarbeit“, also von vorgefertigten Bastelangeboten. Ich gebe keine Eichhörnchen-Schablone heraus und verlange von den Kindern, dass sie diese ausschneiden und braun anmalen, damit Eltern oder Großeltern etwas zu Hause aufhängen können. Bei einem solchen Angebot findet keine Kreativität statt. Wenn beim Malen von einer Wiese nur grüne Stifte benutzt werden dürfen, schränke ich die Fantasie und Kreativität der Kinder extrem ein und nehme ihnen jeden Spaß. Es geht mir also nicht darum, etwas bestimmtes herzustellen, sondern um den Weg, das Tun an sich. Ich habe oft von Eltern die Frage gehört, ob wir nichts basteln würden, weil die Kinder nie etwas mitbringen. Tatsächlich finden oft Angebote statt, doch sehen tun die Eltern das nur an dreckiger Kleidung und zerzausten Haaren :-) Es wird mit Rasierschaum gematscht, im Garten aus Rasenschnitt, gehäckselten Ästen und Sand eine Suppe gekocht und sich mit Farbe am ganzen Körper angemalt. Ein Ergebnis gibt es dabei nicht, zumindest ist es nicht sichtbar, denn es befindet sich in den Köpfen der Kinder. Bei diesen Tätigkeiten entwickelt sich die gesamte Wahrnehmung und diese ist die Basis für alles, was danach kommt.

„Habt ihr heute wieder nur gespielt?“ Ja! Denn das Spiel ist die Arbeit des Kindes, es bildet sich dabei selbst. Kinder sollen sich dreckig machen, sich austoben, ausprobieren ganz ohne Druck. Es muss dabei nichts entstehen, das Kind selbst entsteht. Wenn die Kinder also etwas mit nach Hause bringen, dann vielleicht ein Foto davon, wie sie glücklich in der Matschwanne sitzen und dabei mit Zweigen auf einem Eimer trommeln.

Natürlich gestalten wir auch mal Bilder und Gegenstände, besonders zu den Jahreszeiten und Festen unserer Gesellschaft. Diese entstehen aber immer gemeinsam und so, dass die Kinder stolz auf ihr eigenes Werk sind.



Ernährung


Die Mahlzeiten auf der Wilden Wiese sind gesund, frisch und ausgewogen, dabei rein pflanzlich (vegan).

Es gibt Frühstück und Mittagessen sowie frisches Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten (saisonal). Wasser steht den Kindern rund um die Uhr zur Verfügung, ab und an gibt es verdünnten Saft oder ungezuckerten Tee. Für die Mahlzeiten wird ein Essensgeld erhoben.


Ich biete ein gesundes vielseitiges Frühstück aus verschiedenen Komponenten. Manchmal gibt es ein Müsli-Frühstück aus Haferflocken, gemahlenen Nüssen, Kokosflocken, verschiedenen Kernen und Samen, Apfelmus und frischem Obst. Manchmal gibt es frisches Brot, Brötchen und Knäckebrot. Im Sommer sammeln wir gemeinsam Beeren in unserem Obstgarten. Es gibt eine Kanne mit Hafermilch und eine mit Wasser, sodass sich die Kinder frei bedienen können.


Das Mittagessen besteht aus einer optimalen Kombination von Kohlenhydraten, gesunden Fetten, Eiweiß und Gemüse. Hier nutzen wir vor allem das, was schon unsere Vorfahren angebaut und gegessen haben: Buchweizen, Hirse, Kartoffeln und Süßkartoffeln. Aber auch Vollkornnudeln kommen ab und an auf den Teller. Als Proteinquelle werden verschiedene Hülsenfrüchte und Tofu angeboten. Ab und zu gibt es eine pflanzliche Fleischalternative wie z.B. Würstchen. Abgerundet wird das Mittagessen durch eine große Auswahl an Gemüse. Ich kaufe einiges in Bio-Qualität, vor allem aber Lebensmittel aus der Region und gerne danach, welche Lebensmittel gerade Saison haben. Bunt gemischt kommen einzelne Komponenten (z.B. Kichererbsen) aus dem Glas, aus dem Tiefkühlfach (Erbsen, Bohnen, Spinat), aus dem Kühlschrank oder frisch von der Theke/ aus unserem Garten. Geschmacksverstärker, künstliche Aromen und Farbstoffe kommen bei uns nicht auf den Tisch! Produkte mit zugesetztem Zucker nutze ich möglichst selten, in dem Falle dann aber immer in Bio-Qualität. Ein Teil des Mittagessens wir am Vorabend zubereitet oder vorbereitet, damit am nächsten Tag genug Zeit für die optimale Betreuung der Kinder bleibt.


Ich respektiere jede Ernährungsform, die die Eltern zu Hause für ihre Kinder wählen und nehme sie ganz neutral an. Jeder darf und soll selbst entscheiden, was er mag und womit er sich wohlfühlt. In meiner Kindertagesbetreuung darf offen über jedes Lebensmittel gesprochen werden. Hier wird jeder akzeptiert und wertgeschätzt, unabhängig davon, wie er sich ernährt oder welche Werte er dies bezüglich vertritt. Mir ist wichtig, dass Kinder wissen wo die Lebensmittel herkommen, ohne dass ich dazu eine Bewertung dieser gebe. Die Kinder sollen mit den neutralen Informationen, die sie haben, selbst entscheiden was sie essen möchten. Da die Wilde Wiese aber rein pflanzlich ist, gibt es hier auch nur rein pflanzliche Lebensmittel.


Jahreszeiten und Feste


Wir beobachten die Veränderungen im Jahr und erleben die Jahreszeiten ganz bewusst mit allen Sinnen. Passend hierzu finden Bildungsangebote statt, wir schmücken den Raum und nutzen zum Spielen auch das, was die Natur hergibt (z.B. Tannenzapfen). Lieder,Fingerspiele und Tischsprüche wechseln mit den Jahreszeiten und auch Feste begehen wir gemeinsam als Gruppe. Vielleicht zieht im Winter ein Wichtel in den Gruppenraum ein? Wir könnten Kekse backen und ihm einen hinstellen!

Gemeinsam mit den Eltern möchten wir auch das ein oder andere Fest zelebrieren, wie z.B. das Laternenfest. Die gebastelten Laternen der Kinder erleuchten den Abend und die Eltern dürfen bei einem warmen Kinderpunsch dazu Laternenlieder singen. Auch zu einem Sommerfest und einem Herbstfest mit Stockbroten über dem Feuer könnten wir einladen. Die Feste finden immer nach Absprache mit den Eltern statt. Sehr gerne dürfen sich die Eltern auch an der Planung eines Festes beteiligen.


Bildungsbereiche in Kindertageseinrichtungen


Das Land Schleswig-Holstein gibt Bildungsempfehlungen für Kinder jeden Alters heraus, denn Pädagogische Fachkräfte haben neben dem Familienunterstützenden Erziehungsauftrag auch einen Bildungsauftrag. Die Bildungsbereiche der Kinder werden wie folgt zusammengefasst:


  • Musisch-ästhetische Bildung und Medien

  • Körper, Gesundheit und Bewegung

  • Sprache(en), Zeichen/Schrift und Kommunikation

  • Mathematik, Naturwissenschaft und Technik

  • Kultur, Gesellschaft und Politik

  • Ethik, Religion und Philosophie

Für alle Bildungsbereiche sollen entsprechend kindgerechte Angebote gemacht werden, um die Kinder optimal zu fördern (Bewegungsangebote, Gestalten, Musizieren, Bilderbuchbetrachtungen, Experimentieren etc.). Auch ich richte mich nach diesen Bildungsempfehlungen, indem ich im Gruppenraum und draußen im Garten viele verschiedene Materialien bereitstelle. Meine pädagogischen Angebote werden nach Interesse der Kinder gestaltet. Aus dem Thema „Regen“ kann man z.B sehr viel machen: Das Singen eines Regen-Liedes, Experimente mit Wassertropfen („Sie kommen herunter, wie kommen sie wieder rauf?“), Bücher über den Wasserkreislauf lesen und besprechen, die Bedeutung von Wasser für die Erde, einüben eines Tanzes mit blauen Tüchern (Regentropfen die aus ihrer Wolke heraus tanzen) etc. Zu einem Thema können also meist alle Bildungsbereiche angeboten werden.

Neben dem Bildungsauftrag, liegen mir bestimmte Werte und Kompetenzen am Herzen. Diese möchte ich hier auf der Wilden Wiese täglich vermitteln.



Beobachtung und Dokumentation


In meiner Kindertagespflegestelle gibt es für jedes Kind einen Ordner, in dem alle Beobachtungen gesammelt werden. Jeden Tag beobachte ich die Kinder und notiere mir zwischendurch das Gesehene. Wie geht ein Kind mit einer Konfliktsituation um? Wie bewegt es sich? Wie spricht es? Wie spielt es? Wie geht es mit Frust um?

In regelmäßigen Abständen fertige ich Entwicklungsprotokolle an, die ich dann für unsere Elterngespräche verwende. Als Hilfsmittel nutze ich hier das Beobachtungsverfahren nach Kuno Beller. Kuno Bellers Entwicklungstabelle beschreibt und erfasst Entwicklungsschritte und Entwicklungsveränderungen in acht Entwicklungsbereichen von der Geburt an bis zum Ende des 10. Lebensjahres in insgesamt 18 Phasen. Die 8 Entwicklungsbereiche sind:


  • Körperbewusstsein und -pflege

  • Umgebungsbewusstsein

  • Sozial-emotionale Entwicklung

  • Spieltätigkeit

  • Sprache und Literacy

  • Kognition

  • Grobmotorik

  • Feinmotorik

In jeder Phase werden Verhaltensweisen beschrieben, die für viele Kinder in einer Entwicklungsphase charakteristisch sind und jede der Phasen deckt eine gewisse Altersspanne ab, das heißt es sind Verhaltensweisen und Kompetenzen gelistet, die ein Großteil (ca. 70-90 %) der Kinder dieser Altersspanne zeigt bzw. erwirbt. Das konzeptionelle Ziel ist es, die individuelle Verteilung von Kompetenzen in einem Kind wahrzunehmen, zu akzeptieren und die pädagogische Umwelt dementsprechend zu gestalten. Mit Hilfe dieser Tabelle kann ich das Verhalten eines Kindes und seine Lernmotivation im Alltag besser verstehen.

Quelle: „Kuno Bellers Entwicklungstabelle 0-9“ - Simone Beller


Mit dieser Methode arbeite ich sehr gerne, da sie wirklich jeden Bereich gut beleuchtet und nicht darauf ausgelegt ist, bei dem Kind Fehler zu finden. Sie beschreibt das Kind mit all seinen Fähigkeiten und zeigt auf, wo das Kind bei diesen Fähigkeiten gerade steht. Ein Kind kann in einem Entwicklungsbereich etwas zurück fallen, während es in einem anderen Bereich seiner Zeit weit voraus ist. Kuno Beller hilft mir dabei, den Überblick über die kindlichen Kompetenzen zu bekommen und so kann ich ganz individuell auf das einzelne Kind eingehen.



Eingewöhnungen


Nach unserem ersten Kennenlernen mit - und dem Erstgespräch ohne Kind, geht es zum verabredeten Zeitpunkt los. Der Tag ist da und die Kinder stehen mit ihrem Rucksack und an der Hand ihrer Eltern vor meiner Haustür. Eine ganz neue und aufregende Zeit beginnt jetzt, für beide!

Ziel der Eingewöhnung ist, dass das Kind mich als Bezugsperson annimmt und gerne in die Tagespflege kommt. Auch wenn mal Tage kommen werden, an denen der Abschied schwer fällt, lässt sich das Kind von mir trösten und hat dann wieder Freude am Tag. Es geht also für mich darum, eine gute Beziehung zum Kind und seinen Eltern aufzubauen und so eine vertrauensvolle Basis zu schaffen. Ich bitte die Eltern darum, sich mindestens 4 Wochen Zeit für die Eingewöhnung zu nehmen. Manche Kinder finden schneller in den Alltag ohne Eltern, andere brauchen vielleicht etwas länger. Die Länge und Intensität der Eingewöhnung richtet sich nach dem Kind.


Die ersten Tage geht es mir vor allem darum, die Eltern kennenzulernen, mich mit ihnen zu unterhalten und Gemeinsamkeiten zu finden. So erlebt das Kind mich als „Freundin“ der Eltern und wem Mama oder Papa vertrauen, dem kann ich leichter vertrauen als einer ganz Fremden. Das Kind hat Zeit, sich alles anzuschauen und auszuprobieren was es möchte. Die Rolle der Eltern ist dabei, sich einen Ort im Raum zu suchen und möglichst dort zu bleiben, als sicherer Hafen für ihr Kind. Wenn das Kind losgehen und den Raum erkunden möchte, ermutigen die Eltern es dazu, halten sich selbst aber im Hintergrund. Sie sind trotzdem immer ansprechbar und trösten, wenn das Kind zu ihnen kommt. Die Eltern brauchen ihr Kind nicht loszuschicken, alle Kinder sind neugierig und wir haben keinen Zeitdruck. Wenn das Kind die ersten Tage also lieber in der Nähe bleibt ist das absolut in Ordnung. Die erste Woche ist ein Elternteil mit seinem Kind täglich etwa eine Stunde bei uns. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich einen guten Zugang zum Kind gefunden habe und wir uns gut verstehen, können wir die erste kleine Trennung versuchen (Mama/ Papa geht mal kurz auf die Toilette). Klappt das ohne Probleme, verlängern wir täglich die Abwesenheit der Eltern um einige Minuten. Wichtig ist dabei für die Eltern: verabschiedet euch von eurem Kind! Wenn das Kind Angst haben muss, dass die Eltern plötzlich einfach verschwinden, wird es nicht mehr entspannt spielen können.

Wenn das Kind die Stunde ohne die Eltern schafft, verlängern wir täglich weiter und mit der Zeit kommen Morgenkreis, Frühstück, Mittagessen und die Mittagsruhe hinzu.


Jedes Kind bekommt ein „Ich-Buch“, das hier in seiner Kiste verbleibt. Das Buch besteht aus einzelnen Seiten (z.B. aus Tonpapier) mit jeweils einem Foto darauf und dem Namen der jeweiligen Personen auf dem Foto. Mit Ringen wird das Buch zusammen gehalten. Im Ich-Buch geht es um das Kind und seine Umgebung. Es dürfen Fotos der Eltern, der Großeltern, der Haustiere, einer besonderen Situation etc. darin enthalten sein. Es ist ein kleines Stückchen Heimat, das die Kinder hier immer bei sich haben und für mich ein toller Türöffner, um mit dem Kind ins Gespräch zu kommen. Wenn Mama/ Papa nicht da ist, können wir uns Bilder von ihnen anschauen und das Kind kann mit Hilfe der Bilder im Buch von seinem zu Hause erzählen. Die Seiten des Ich-Buchs werden von den Eltern gestaltet. Gerne kann ich die fertigen Seiten dann laminieren, lochen und ringen.


Die Eingewöhnung ist der erste Schritt zur Selbstständigkeit und ein kleiner Ablösungsprozess. Dieser Prozess fällt nicht nur den Kindern manchmal schwer, auch für die Eltern kann er sehr emotional sein. Ich möchte daher nicht nur euer Kind begleiten, sondern auch euch. Berichtet mir von euren Sorgen und Bedenken, schon vor der Eingewöhnung. Es ist wichtig für mich, dass sich alle wohl fühlen. Die Kinder merken es, wenn ihre Eltern verunsichert sind. Die Unsicherheit der Eltern sorgt dann für große Unsicherheit beim Kind und das Kind denkt, dass es nichts Gutes ist, hier zu sein. Sprecht gerne offen und ehrlich mit mir, ich verstehe euch vermutlich besser als ihr denkt. Ich bin nicht nur Pädagogin, sondern auch Mutter und es fällt mir ebenso schwer, mein Kind loszulassen.


Wenn die Eingewöhnung abgeschlossen ist, kommen die Kinder gerne auf die Wilde Wiese, trotzdem werden die Eltern immer das wichtigste in ihrem Leben sein – und das ist auch gut so!